Ein Wutausbruch

Meine Wutausbrüche spielen sich meist in mir ab. Ich nutze das Schreiben, um der Wut einen Weg nach draußen zu ermöglichen. 


Heute hatte ich den ersten Termin nach meiner Knieverletzung bei einer großartigen Physiotherapeutin. Zum ersten Mal habe ich mich gesehen und gehört gefühlt. Sie hat sich wirklich Zeit genommen und sich all meine Krankheits- und Schmerzgeschichten angehört. Sie hat den Kopf geschüttelt, als ich ihr erzählt habe, dass der Spitalsarzt mir eigentlich keine Physio (nach Meniskus- und Seitenbandeinriss) verschreiben wollte und ich darum gebeten hatte. Es sollte als Patientin nicht meine Aufgabe sein, um nach einer Physiotherapie zu fragen. 

Das hat mich an meine Erfahrungen mit unserem Gesundheitssystem in den letzten Jahren erinnert. Und ich war in den letzten zwei Jahren bei sehr vielen Ärzt:innen. Von Machtkämpfen zwischen Institutionen die auf meinem Rücken ausgetragen wurden, bis hin zu unterschiedlichsten Diagnosen bei unterschiedlichen Ärzt:innen, Bevormundung und nicht Ernst genommen werden. Meist war der Ablauf der Selbe: kurz meine Symptome erläutern lassen, kurz den Körper anschauen und schon irgendeine Diagnose stellen. Das alles irgendwie zusammenhängen könnten, daran denken die wenigsten. Von Ganzheitlichkeit keine Spur. Und da waren einige Wahlärzte (hier bewusst kein Gendern) dabei, die viel Geld für das Ausleben ihres Narzissmus bekommen haben und mir null Hilfe waren. Danach hatte ich nur noch mehr Fragen. Da ging es nicht um einen geprellten Zeh, sondern um einen verdammten Hirntumor. Ich finde das absolut inakzeptabel, dass Patient:innen zu einem Spielball werden. Wo wird da der Mensch gesehen? Das Schicksal eines jeden einzelnen. Sind wir nur noch eine Masse die abgefertigt werden muss?


Mir ist sehr bewusst, dass wir in Österreich immer noch eine viel bessere Gesundheitsversorgung haben als in den meisten Ländern. Dafür bin ich auch dankbar. Aber trotzdem habe ich all diese Erfahrungen gemacht, die mich an dem System zweifeln lassen. Geld, Macht und Ansehen. Und keine Empathie. Dieses Bild habe ich vorwiegend von unserem Gesundheitssystem. 

Ich habe heute erfahren, dass ich nur 11 statt 12 Rippen habe. Spannend, das stand zwar auf einem Befund von 2017, wurde aber nie erwähnt und als Laie konnte ich das aus dem Befund nicht rauslesen. Es ist auch nichts schlimmes, aber eine wichtige Info für eine Physiotherapeutin, weil es auch Ursache für Schmerzen sein kann. Und solche Geschichten gibt es wahrscheinlich haufenweise bei uns allen. Ich will die Verantwortung für meinen Körper und meine Heilung nicht mehr unüberlegt an Menschen in weißen Kitteln übergeben, sondern diese selbst übernehmen. Aber dafür brauch ich auch alle Informationen. Selbst untersuchen kann ich mich halt nicht. Ist das zu viel verlangt? 

Zum Glück gibt es Ausnahmen und auf die treffe ich immer öfter. Ich kann das System nicht verändern, aber ich kann mehr auf meine Intuition hören, mich bei Freunden und Bekannten umhören, wen sie empfehlen. Wenn nach und nach immer mehr Menschen nur mehr zu empathischen, kompetenten und ganzheitlich denkenden Ärzt:innen gehen, dann hat das vielleicht eine Auswirkung. Leider müssen die oft privat gezahlt werden und da stehen wir vorm nächsten Problem. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Meine Wut ist jetzt erstmal draußen. Das fühlt sich gut an. Und ich hoffe, es bringt den ein oder anderen zum Nachdenken.

 

15. Dezember 2022