Mein böser Hund
Als ich zuletzt auf einer Geburtstagsfeier war, hat mich eines stark getriggert: die Meinung der anderen zu meinem Hund Theon.
Das hat mir wieder gezeigt, dass der Glaubenssatz „Ich will von allen gemocht werden“ noch immer in mir drin steckt. So einfach wird man diese sturen Glaubenssätze halt leider nicht los.
Was genau hat mich gestört? Ich saß in einer Gruppe von Menschen, die Theon bisher vielleicht 2 mal gesehen haben. Aufgrund seines Verhaltens damals, Erzählungen von mir und Geschichten anderer bildeten sie sich eine Meinung. Bei mir ist angekommen: dein Hund ist nicht lieb, nicht brav, unangenehm und kein guter Hund. Bam, sowas sitzt und löst Wut in mir aus. Aber anstatt die anderen dafür zu verurteilen, versuche ich zu reflektieren. Ich versuche es zumindest.
Hätte ich manchmal gerne einen angepassten, vermenschlichten Hund der immer brav auf mich hört? Ja. Das würde vieles einfacher machen. Aber will ich WIRKLICH so einen Hund? Nein. Denn der würde nicht zu mir passen. Seit 3 Jahren winde ich mich Schritt für Schritt raus aus einer Rolle, die ich nur gespielt hatte. Das angepasste, brave, immer Ja-sagende Mädchen, das für alle da ist. Das war eine Strategie, die als Kind Sicherheit für mich bedeutet, aber sich immer mehr als schädlich herausstellte. Denn schlussendlich hat es mich in eine Depression geführt.
Und ich bin überzeugt, dass genau aus diesem Grund Theon in mein Leben getreten ist. Er war von Anfang an nicht der Vorzeigehund, der brav das tut, was man ihm sagt. Er ist freiheitsliebend, stur, laut, auffallend, unangenehm, ursprünglich. All das, was ich mir jahrelang nicht erlaubt habe und jetzt mehr und mehr zulasse. So weit es möglich ist, will ich Theon ermöglich Hund zu sein. Und Hunde bellen eben. Sie knurren, sie schnappen und zeigen alle Emotionen, die jetzt gerade in ihnen da sind. Sie sind im Hier und Jetzt, sind präsent und denken nicht an das was war oder sein wird.
Dass er dafür nicht von allen geliebt wird, ist halt so. Genauso wie ich nicht immer von allen gemocht werde. Daran darf ich mich gewöhnen. Ich bin dankbar, dass Theon mir zeigt, wie das geht. Dass es wichtiger ist, authentisch und ich selbst zu sein, als von allen geliebt zu werden. Und die, die bleiben, lieben mich so wie ich bin. Und lieben meinen Hund so, wie er ist.
5. August 2023